Pressestatement des Abgeordneten Joachim Haedke am 15.3.2007

Pressestatement des Abgeordneten Joachim Haedke am 15.3.2007


(Begrüßung)


Ich bedanke mich bei Ihnen, dass Sie heute so zahlreich erschienen sind. Ich möchte heute gern Fragen zu meiner Person in Bezug auf die so genannte „Wahlfälscheraffäre“ im Ortsverband Perlach (2003) beantworten. Eine Affäre, die unter anderem Monika Hohlmeier das Amt der Kultusministerin gekostet hat.

Vorweg: Ich bin zufrieden mit den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses im Bayerischen Landtag. Vieles was Sie, aber auch die Partei beschäftigt hat, wie die sog. Doubles – die ja Jahre durch die Zeitungen geisterten - hat es nie gegeben und war frei erfunden. Stimmenkauf wurde lt. dem Abschlußbericht (S 43) nicht nachgewiesen. Der Untersuchungsausschussvorsitzende Kupka stellte im Plenum des Landtages folgendes fest. Ich zitiere aus dem Plenarprotokoll: „Eine Wahlfälschung fand somit de facto nicht statt, wohl aber gab es Fälschungen von Aufnahmeanträgen“. Diese hatte bekanntlich der extrem mediengewandte, damals 22-jährige Belastungszeuge J. gefälscht. Vielleicht musste er in der Folge so viel erfinden, um von seinem kriminellen Handeln abzulenken? Der Abgeordnete Zellmeier konstatierte im Plenum bzgl. Herrn J.: „Er widerspricht sich hier also dreimal … Glaubhaft ist das nach unserer Meinung sicherlich nicht.“ Fakt ist ja auch, dass der Zeuge J. vor Gericht und vor dem Untersuchungsausschuss und sogar noch vor der Polizei völlig unterschiedliche Geschichten präsentierte und ihm sogar noch der Mitfälscher der Anträge in wesentlichen Punkten widersprach. Auch alle geworbenen Neumitglieder widersprachen dem Zeugen J. bzgl. der behaupteten abenteuerlichen Geldbeträge. So heißt es im Bericht: „insgesamt sieben Personen haben Geldzahlungen in Höhe von 50 bis 100 € erhalten“ (S42), was genau ein bis zwei Mitgliedsbeiträgen entspricht.
Der Münchner Merkur beschrieb meine Rolle lt. dem Abschlussbericht mit den Worten: „Der Landtagsabgeordnete Joachim Haedke … kommt im Bericht nur noch am Rande vor“.


2008 stehen nun neue Wahlen für den Bayerischen Landtag an. Seit 8,5 Jahren bin ich dort Mitglied, eine Aufgabe, die mich immer sehr ausgefüllt hat, der ich mich mit viel Herz und Engagement gestellt habe. Das Wohl und die Interessen der Bürger waren stets meine oberste Pflicht.

Und genau aus diesem Grund möchte ich Ihnen heute folgendes mitteilen: Ich werde 2008 nicht mehr für den Bayerischen Landtag kandidieren. Ich möchte Ihnen jetzt diese für mich sehr schwere Entscheidung und den Zeitpunkt der Verkündung meines Entschlusses erläutern.

Zum Zeitpunkt: Ich wollte bewusst einen ruhigen Termin abwarten, der weit vor den Wahlen liegt. Außerdem übt momentan keiner auf mich Druck aus. Alle Verfahren sind abgeschlossen, ich handle aus freien Stücken. Sie, die Medien, sind entweder mit Frau Pauli beschäftigt oder mit Stoibers Nachfolge. In meinem Wahlkreis genieße ich die von ihnen oft beschriebene Unterstützung meiner politischen Freunde, was die Basis für eine erneute Kandidatur 2008 wäre.

Trotzdem ist dieser Entschluss, auf eine weitere Legislaturperiode zu verzichten, und mich aus der aktiven Politik zurückzuziehen, in mir gereift.

Schuld ist einzig und allein mein Verhalten in der so genannten „Wahlfälscheraffäre“. Wie bereits erwähnt, habe ich keine strafrechtlichen Vergehen begangen. Ich habe kumulierte Mitgliedsbeiträge übernommen und jemandem, dem ich vertraut habe, dafür Geld gegeben. Es wurden zwar auch in vielen anderen Verbänden Beiträge z.B. für sozial Schwache übernommen, aber eben nicht kumuliert in einer Wahlsituation. Sicher bin ich auf einen Betrüger, der mich, aber meiner Meinung nach auch Sie, getäuscht hat, der vor Gericht dieses und vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss wieder anderes aussagte, hereingefallen. Aber ich möchte jetzt nicht über die Verfehlungen der anderen reden, sondern über meine. In der Süddeutschen hieß es sinngemäß einmal im Zusammenhang mit den Zahlungen für Neumitglieder: Das mag zwar strafrechtlich legitim sein, aber es ist moralisch verwerflich. Ich gebe Ihnen Recht. Damals war mir das nicht bewusst, ich habe auf den falschen Rat gehört. Aus meiner heutigen Sicht würde ich so was nie wieder machen. Ich habe gelernt und ziehe durch meinen Verzicht die Konsequenzen für mein Fehlverhalten.

Außerdem ist mir ein zweiter Fehler unterlaufen, der mich noch heute ärgert: Warum habe ich nicht vor dem Untersuchungsausschuss oder vor Gericht ausgesagt? Ich hätte es tun sollen, tun müssen, auch wenn das Grundrecht auf Zeugnisverweigerung juristisch gerade keine Rückschlüsse zulassen darf. Aber in dieser Phase war ich selbst sehr verunsichert. Täglich tauchten neue, erfundene Anschuldigungen auf; ich habe nicht mehr gewusst wie mir geschieht. Was Recht, was Unrecht ist. Ich habe die falsche Strategie gewählt im Moment meiner größten Verunsicherung. Alle sagten, so wirst du sicher die Affäre überstehen und ich wollte unbedingt weiterhin Politik machen. Dafür habe ich alles gegeben. Und: Es kam ja auch so. Die Affäre habe ich überstanden, etwas viel Wichtigeres habe ich jedoch verloren: Meine politische Glaubwürdigkeit. Die habe ich ruiniert. Ich hätte auf die Unfehlbarkeit der Justiz vertrauen müssen, auch wenn ich viele falsche Anschuldigungen in der Presse gelesen habe. Aber wie gesagt, ich war extrem verunsichert und habe mich deshalb falsch entschieden.

Die Situation heute ist für mich unerträglich: Es kann ja nicht sein, dass nur noch über die Person eines Landtagsabgeordneten geschrieben wird und nicht mehr über seine politischen Aktivitäten. Und dabei habe ich in den Jahren als Abgeordneter und zuvor als Münchner JU Chef durch Ideen, Vorschläge und Aktivitäten versucht möglichst viel zu bewirken – und ich denke auch einiges erreicht. Es sei an die großstädtische Ausrichtung der CSU München erinnert, die mir immer sehr am Herzen lag. So wie viele einzelne Erfolge (z.B. Beendigung der Strafzettelquote in Bayern, Faschingsferien, Geldzurückgarantie beim MVV aber auch die Verhinderung von Gesetzentwürfen (PAG) die meiner liberalen Gesinnung nicht entsprachen, meine Initiative zur Venture Capital Besteuerung, die später vom Bundestag beschlossen wurde; natürlich auch gemeinsam mit Kollegen oder der Staatsregierung, wie der Junge Gruppe-Antrag und Beschluss des Landtages für den ersten Pensionsfonds zur Vorsorge der Beamtenpensionen in Bayern; die Verhinderung des BND Komplettumzuges, der Erhalt der Waldpädagogik und die Lockerung der Sperrzeitenregelung in Bayern, die Verhinderung der Einführung der Bagatellsteuern und aktuell mehr Rechte für die Münchner Bezirksausschüsse). Besonders viele nie dargestellte Erfolge konnte ich außerdem für und in meinem Stimmkreis verbuchen. Nicht zu vergessen sind die vielen Einzelanliegen, die in meinem immer geöffneten Bürgerbüro bearbeitet wurden. Hier konnte ich vielen Menschen persönlich helfen, was mindestens so schön war wie die großen politischen Initiativen.

Als unglaubwürdige Person kann ich leider keine Politik mehr machen – das wurde mir nach Ende der Affäre in den letzten Wochen schmerzlich bewusst. Vielleicht ging das früher so, aber heute ist Authentizität, Glaubwürdigkeit wichtiger denn je.

Mein Verzicht soll ein Zeichen sein. Damit die CSU 2008 ein optimales Ergebnis erzielt, die Partei, der ich so viel zu verdanken habe. Ich wünsche meinem/er Nachfolger/in, dass er/sie wieder ordentlich und ungestört Politik für die Wähler, die Bürger in meinem Wahlkreis machen kann. Darum verzichte ich auf eine erneute Kandidatur.

Allen Unterstützern innerhalb und außerhalb der Partei möchte ich jedoch für die jahrelange Treue und Hilfe sehr, sehr herzlich danken. Immerhin konnte doch auch einiges erreicht werden.

Ich hoffe, dass ich die nächsten Monate bis zur Landtagswahl die mit dem Mandat verbundenen Aufgaben ungestört wahrnehmen kann. Ich möchte einen soliden Wahlkreis an meinen/e Nachfolger/in übergeben.

Jetzt beantworte ich gerne Ihre Fragen. Ich danke Ihnen.


Büro, 15 März 2007.


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